Atemtechniken
Ein wichtiger Bestandteil der Yogapraxis ist die Fokussierung auf den Atem, dem sogenannten Pranayama. Das Wort Pranayama setzt sich zusammen aus dem Prana, das für Atmung und Lebensenergie steht und dem Ayama, dem Beherrschen/Kontrollieren. Wir möchten mit den unterschiedlichen Atemtechniken also unsere Lebensenergie wecken.
In der Yogapraxis wird die Körperübung, die Asana, an die Atmung angepasst. Wenn Du wissen möchtest, welcher Yogastil für Dich der richtige ist, schaue Dir doch einfach unseren letzten Beitrag dazu an: Yogastile
Atemübungen sind ein hervorragendes Werkzeug um Deinen Körper und Geist zu entspannen und ihm mal wieder die nötige Ruhe zu gönnen.
Langsame, kontrollierte Atemübungen sorgen dafür, dass der Vagus-Nerv aktiviert wird. Der Vagus-Nerv, oder auch Nervus-Vagus, ist der 10. Hirnnerv und verläuft durch den gesamten Körper, weshalb er auch Wander-Nerv genannt wird. Die Aktivierung dieses Nervens wird mit vielen gesundheitlichen Vorteilen in Verbindung gebracht.
Bei Stress befinden wir uns im Fluchtmodus, der den Sympathikus aktiviert. Kurzfristig kann dies von Vorteil sein, wenn Du von einem Extraschub Energie und Adrenalin Gebrauch machen musst. Langfristig führt dies jedoch zu gesundheitlichen Problemen, nicht selten zu Verspannungen bis hin zum Burnout. Wir möchten uns also eher mit dem Gegenspieler, dem Parasympathikus anfreunden um entspannt und voller Lebensfreunde durchs Leben zu gehen.
Ich habe mich bei der Auswahl der Atemtechniken auf die für mich wichtigsten Arten konzentriert, es gibt aber sehr viel mehr Techniken.
Die yogische Atmung wird in vier Phasen unterteilt:
- Einatmen
- Pause
- Ausatmen
- Pause
Um die maximale Wirkung für Deine Entspannung zu erzielen, solltest du darauf achten, dass Du länger aus- als einatmest.
Auf die folgenden Techniken möchte ich näher eingehen:
- Wechselatmung
- Kohärentes Atmen
- Nasenatmung – Ujjayi
- Feueratmung – Kapalabhati
Wechselatmung – Nadi Shodana/Anuloma Viloma
Bei diesem Pranayama wird die linke und rechte Gehirnhälfte wieder in Balance gebracht, außerdem reinigt es die Energiekanäle. Dabei steht „Nadi“ für den Energiekanal und „Shodana“ für die Reinigung.
Diese Atemtechnik eignet sich hervorragend um den Sympathikus und Parasympathikus zu harmonisieren und die weibliche und männliche Seite miteinander zu verbinden. Diese Technik erhöht außerdem den Sauerstoffgehalt im Blut, stärkt das Zwerchfell und hilft gegen Kopfschmerzen und Müdigkeit.
Vorsicht: Für Unerfahrene kann es durchaus am Anfang ein wenig beklemmend wirken, da es ggf. zu Blutdruckbeschwerden führen kann. Hier macht die Übung den Meister, fange mit kurzen Einheiten an und spare dir das Pausieren des Atems.
Ausführung:
- Halte deine Hand im Vishnu-Mudra, dabei sind Mittel- und Zeigefinder nach unten geklappt, Ringfinger und Daumen verschließen wechselseitig die Nasenlöcher.
- Bedecke mit dem linken Daumen das linke Nasenloch, atme dann tief durch das rechte Nasenloch aus.
- Atme nun durch das freie Nasenloch vollständig ein und verschließe dann mit dem Ringfinger der linken Hand auch das zweite Nasenloch. Du kannst nun den Atem pausieren und bis 4 zählen.
- Löse nun den Daumen von dem linken Nasenloch und atme aus.
- Im nächsten Schritt kannst Du nun durch das linke Nasenloch voll einatmen. Verschließe mit dem linken Daumen das linke Nasenloch und halte Deinen Atem kurz an, löse den Ringfinger von Deinem rechten Nasenloch und atme aus.
- Gegenwärtig kannst Du wieder rechts einatmen und das Ganze von vorne beginnen.
Ich empfehle diesen Kreislauf mindestens 5x auf jeder Seite durchzuführen. Ich finde die Wirkung immer wieder erstaunlich. Ich hoffe Du auch!
Kohärente Atmung
Bei der kohärenten Atmung sind die Atemzüge für das Ein- und Ausatmen gleich lang. Das heißt, Du atmest z.B. 5 Sekunden ein und dann 5 Sekunden wieder aus.
Ich bin der Meinung, dass jedoch eine intensivere Entspannung eintritt, wenn der Ausatemzug länger ist. Diese Übung ist hervorragend geeignet um den angesprochenen Parasympathikus zu wecken und ist daher optimal um vor dem Schlaf runter zu kommen.
Setze Dich aufrecht hin und nehme am besten ein Kissen zu Unterstützung. Ich empfehle den Schneidersitz, den Sukhasana.
Als Hilfestellung haben wir Dir ein zwanzigminütiges Video erstellt, dass Du direkt hier aufrufen kannst. Es ist auf unserem YouTube-Kanal verlinkt, auf dem Du auch weitere Videos, wie z.B. Yogastunden findest. Du kannst das Video in Deiner YouTube-App einfach speichern und so immer wieder aufrufen, wenn Dir nach Entspannung zumute ist:
Video by Alex Hartwig Instagram: @alexhrtw
Nasen-Kehlatmung – Ujjayi
Das Wort Ujjayi bedeutet so viel wie „siegreich“. Bei dieser Technik macht man sich die Verengung der Stimmritze zum Vorteil. Das sehr kontrollierte Ein- und Ausatmen kann das Lungenvolumen erhöhen, die Verdauung fördern und die Konzentrationsfähigkeit erhöhen. Außerdem stimuliert es das Wurzelchakra und durch das Vibrieren des Kehlkopfs wird indirekt die Schilddrüse positiv beeinflusst.
Vorsicht ist bei Herzbeschwerden und Bluthochdruck geboten.
Ausführung:
- Beginne mit einem langsamen Einatmen durch die Nase mit anschließendem Ausatmen durch den Mund.
- Beim Ausatmen löse nun ein lautes „aaahhh“-Geräusch aus. Dies kann am Anfang ein wenig befremdlich wirken, es wird Dir aber guttun und Dir ein befreiendes Gefühl vermitteln.
- Im nächsten Schritt wiederholst Du das Ausatmen, lässt dabei jedoch den Mund geschlossen. Du wirst ein Vibrieren im Kehlkopf verspüren.
Es kommt nicht darauf an, dass Du es laut durchführst. Ein leises „aaahhh“ erfüllt auch seinen Zweck und ich finde, dass diese Atmung ein wenig an ein Meeresrauschen erinnert. Diese Atemtechnik eignet sich auch hervorragend als begleitende Atmung während Deiner Yogapraxis.
Feueratmung – Kapalabhati
Die Feueratmung ist eine sehr intensive Übung, die Deine Konzentration fördert und Dich wacher werden lässt. Sie trainiert die Bauchmuskeln und eignet sich vor allem am frühen Morgen. Kapalabhati heißt “scheinender Schädel”, welches sich auf die Energieausstrahlung am Kopf bezieht.
Diese Atemtechnik hebt den Sauerstoffgehalt des Blutes sehr stark an, was einen alkalischen (basisch) Effekt hat und Stoffwechselvorgänge und Entschlackungen ankurbelt. Das Anhalten des Atems hat zur Folge, dass der Kohlensäuregehalt des Blutes steigt und weitere Stoffwechselvorgänge angeregt werden. Außerdem führt das Halten des Atems u.a. zu einer Verbesserung der Lungeneffizienz- und kapazität. Die Atemwege können gereinigt werden, sowie Heuschnupfen, Erkältungsbeschwerden und Asthma vorgebeugt und verbessert werden.
- Setze Dich gerade hin und schließe die Augen. Zur Vorbereitung ist es ratsam zunächst 3-4 Sekunden einzuatmen und den Bauch hinaus zu strecken und anschließend 3-4 Sekunden lang auszuatmen und den Bauch einzuziehen. Wiederhole dies am besten 3-8 Atemzüge lang.
- Beginne nun mit der eigentlichen Übung, dem Kapalabathi:
- Atme sehr rasch aus und doppelt so lang entspannt ein. Häufig strömt die Luft von alleine reflexartig wieder ein. Dies kannst Du je nach dem Wohlgefühl für etwa 20 bis 100 Mal wiederholen.
- Dann atme 1-2 Mal entspannt ein- und wieder aus. Atme nun bequem ein und versuche Deine Lunge in etwa zu 3/4 zu füllen und halte die Luft an.
- Konzentriere Dich nun auf einen Punkt, z.B. Deinem Bauch, der Schädeldecke oder den Punkt zwischen den Augenbrauen.
- Halte die Luft nur so lange an, wie es Dir angenehm ist.
- Dann atme 2-4 Mal normal ein- und aus und beginne die Atemtechnik von vorn.
- Klassisch werden 3 Runden durchgeführt.
Ich bin gespannt welche Erfahrungen Du mit diesen Atemtechniken machst und welche Dir am besten gefällt. Jede Atemtechnik hat seinen eigenen Charme und ihre Wirkungsweise kann Dir im Alltag helfen, dass Du wieder häufiger auf Dich selbst acht gibst und zur Entspannung findest. Falls Du mehr über die verschiedenen Meditationstechniken lernen möchtest, dann schau doch bei unserem Blog zu den 8 wichtigsten Meditationstechniken vorbei.